Es läuft nicht rund im Thurgauer Staatshaushalt. Der Ruf des Finanzdirektors nach mehr Einnahmen um die gefühlt nach wie vor ungebremst wachsenden Ausgaben zu decken sind bekannt. Bekannt ist auch, dass wir als Grünliberale den Regierungsrat seit langem auffordern, die eigenen Prozesse und Aufgaben zu verbessern, so dass Leerläufe und nicht notwendige Aufgaben ausgeschieden werden können. Auch mit gesetzlichen Anpassungen, falls diese nicht mehr notwendigen Ausgaben möglicherweise sogar zweckgebunden sind. Wir fordern seit längerem, dass eine gezielte Leistungsüberprüfung, entgegen der letzten Überprüfung (LÜP), sich auf die eigenen Aufgaben konzentriert und nicht den Fokus auf neue Einnahmen oder Kürzung von der Privatwirtschaft oder sozialen Institutionen erbrachten Leistungsaufträgen betrifft. Wir werden entsprechende Vorstösse ausarbeiten, prüfen und in den politischen Prozess einbringen.
Der Kanton Thurgau hat vor allem ein Ausgabenproblem, das nicht dauernd von neuen und höheren Steuerabgaben gedeckt werden sollte. «Es ist Zeit», sich dem eigenen Haushalt zu widmen, ohne aber in Panik zu verfallen, da dies Gift ist für das Investitionsklima der Wirtschaft, wie auch der Bevölkerung.
Begründungen:
1. Der Thurgau hat ein Ausgabenproblem, nicht ein Einnahmenproblem.
Die Fiskaleinnahmen steigen stetig. Selbst Pandemie, noch Steuerfussreduktion haben daran etwas geändert. Das Bevölkerungswachstum wird seinerseits auch zu mehr Steuereinnahmen führen und der Kanton sollte seinerseits nur 9 Stellen pro 1000 neue Einwohner kreieren. Die Regierung sucht das Heil in noch mehr Einnahmen, obwohl diese fast jedes Jahr gewachsen sind. Diese Mehreinnahmen belasten Bürgerinnen und Bürger wie auch die Wirtschaft, was letztlich dem Standort und der Zukunft schadet.
2. Die Mehrausgaben kommen nur zu einem Bruchteil von neuen Aufgaben.
Die Mehrheit der Ausgaben ist entweder zweckgebunden oder schlicht von der stetig wachsenden Verwaltung herrührend. Lösungen seitens der Regierung welche zweckgebundenen Ausgaben über Gesetzesanpassungen der Zeit angepasst werden könnten, noch wie man eigene, nicht eingekaufte Dienstleistungen dem Staatshaushalt anpassen könnte, fehlen seitens der Regierung trotz mehrfacher Aufforderung seitens unserer Fraktion. Bei einem Staatsaufwand von 2.6 Mrd. ist schwer vorstellbar, dass man im eigenen Haushalt, bei den 5 Departementen nicht total 3% oder je 1 % Einsparungen tätigen kann. Das ergäbe rund 80 Mio an weniger Aufwand.
3. Kantonales Personal / Mitarbeitende
Die GLP möchte die Mitarbeitenden weiterhin gut behandeln. Wie sich derzeit zeigt, ist dies auch der Fall, liegen doch die Total-Compensation über den Vergleichszahlen der Thurgauer Privatwirtschaft. Wir befürworten deshalb weiterhin Lohnentwicklungen, aber wir befürworten nicht gleichzeitig ungebremste Stellenentwicklungen oder Bezahlungen über die Giesskanne. Lieber 5 % weniger Verwaltungspersonal um den 95% weiterhin sehr gute oder noch bessere Arbeitsverhältnisse zugeben. Das muss allein aufgrund der Grösse und Technischen Investitionen in die Digitalisierung, sowie natürlichen Fluktuationen möglich sein.
4. Die Nationalbank ist aktuell auf Rekordgewinn
Das erste Quartal ergab einen Rekordgewinn + 58.8 Mrd. Gemäss laufender Vereinbarung (40 Mrd. oder mehr) würde dies zur maximalen Gewinnausschüttung an die Kantone führen. Bei der derzeitigen Zinsentwicklung und dem eben erst Ende Juni durchgeführten Zinsentscheid dürfte diese Entwicklung allenfalls sogar anhalten. Eine Gewinnausschüttung für das laufende Jahr wird bei einem Gewinn von 65 Mrd. erfolgen, dies aufgrund von Verlusten (-53 Mrd), die zuerst gedeckt werden müssen. Eine Maximalausschüttung 6-fach an die Kantone würde bei 105 Mrd. (65 + 40) Gewinn erfolgen, was in diesem Jahr nicht realistisch ist.
Das publizierte Halbjahresergebnis der Nationalbank ist erfreulicherweise mit 57 Mrd. stabil geblieben. Bleibt auch das dritte Quartal stabil, wird sogar schneller als erwartet zusätzlich Druck im Bereich Steuererhöhungen weggenommen. Das die Regierung ihr Halbjahresresultat öffentlich darlegt, ohne zusätzlich auf die Halbjahresresultate der Nationalbank einzugehen, welche doch einen sehr hohen Einfluss auf das kantonale Ergebnis hat, sehen wir kritisch.
Es bestehen zudem noch genügend Reserven, um selbst Nullausschüttungen der Nationalbank zwei drei Jahre lang zu überstehen, ausserdem zeigt der Finanzausgleich ab dem Jahre 27 hohe Einnahmen, ab 28 sogar Rekordeinnahmen für den Thurgau. Es gilt schlicht die Entwicklung des Geschäftsergebnisses der Nationalbank im dritten Quartal abzuwarten und an den eigenen Hausaufgaben zu arbeiten. Aus Sicht der GLP-Fraktion ist bezüglich SNB-Gelder bereits eine Ausschüttung über der kantonalen Prognose im Jahr 2024 mit etwas Glück sogar realistisch. Es braucht dazu noch rund 7 Mrd. Nettogewinn zusätzlich. Das Dritte Quartal wird hier weitere Klärung bringen. Gerade für die Zukunft und die Budgetprognosen gilt es auch dies mit einzupreisen, bevor man andere Erträge einfordert.
5. Aktuelle Kommunikationsstrategie der Regierung
Die GLP-Fraktion stellt in Frage, ob die aktuelle Kommunikationsstrategie zum Budget langfristig richtig und zielführend ist.
- Erstmalig in diesem Jahr wird eine keiner wirklichen Vernehmlassung unterzogene Finanzstrategie, basierend auf Steuerfussannahmen als Regierungsratsbeschluss! verabschiedet. Dies ohne Steuerfussannahme im Parlament, noch einer vor dem RRB-Beschluss getätigten Diskussion und Auseinandersetzung in der GFK.
Später wird diese Finanzstrategie von sich aus dem Parlament zur Diskussion unterbreitet, mit dem Resultat, dass eine vorgezogene Budgetdebatte geführt wird und sich zeigt, dass aktuell noch keine Steuerfusserhöhungen angezeigt sind und ohne klare strategische Aufwandreduzierungsstrategie der Regierung das Parlament in der Mehrheit mit der Arbeit der Regierung in diesem Bereich nicht zufrieden ist.
- Erstmalig in diesem Jahr, dass eine sogenannte finanzielle «Halbjahresbilanz» als Medienmitteilung versendet indirekt das Parlament erreicht. Die Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission GFK wurde am vergangenen Mittwoch, im Rahmen der ordentlichen letzten GFK-Sitzung zwar zwei Tage vorher informiert. Dies zum Ende der Sitzung, quasi unter «Diverses», wo über die prognostizierte Abweichung des Budgets informiert wurde. Diskutiert und Folgen daraus abgeleitet dafür blieb keine Zeit, es war eine reine Information.
So erfahren alle politischen Fraktionen aus den Medien, dass die erstmalige Veröffentlichung der «Halbjahresbilanz» derzeit eine negative Abweichung von budgetierten Annahmen von 45 Mio CHF ergibt, was zu einem grossen Defizit von prognostiziert 135 Mio führe. Auf Nachfrage des Journalisten Christian Kamm, TZ) ob es seitens Kanton Sondermassnahmen brauche, wird mitgeteilt, dass «diese schon längstens gemacht werde und über die Finanzsituation immer wieder öffentlich informiert wird»
Als GLP-Fraktion nehmen wir diese Kommunikationsstrategie zur Kenntnis, beurteilen diese jedoch weder zielführend noch vertrauensbildend. Wir nehmen auch zur Kenntnis, dass keine Sofortmassnahmen nötig sind, sonst hätte sicherlich die Regierung eine Spezialkommission angeregt oder die GFK informiert, dass weitere Massnahmen notwendig sind. Die Information am Rande der GFK-Sitzung zeigt, dass es entweder nicht so schlimm ist, wie die Regierung darstellen will, oder die Regierung das Parlament nicht wirklich hört, dass vor dem Ruf nach Steuereinnahmen, das laufende wie das nächste Budget selbst tüchtig gemacht werden muss. Dazu bieten wir Hand.
Da die Regierung nicht bereit scheint, tief die eigenen Strukturen in den Ämtern, den Aufgaben zu durchleuchten ist bedauerlich, da das Parlament als Legislative nur über die GFK oder über Spezialkommissionen direkter Einfluss nehmen kann. Auch hierzu wird sich die GLP-Fraktion Überlegungen machen.
6. Aus aktuellem Anlass zum nächsten Mittwoch, 28.8.2024
Zur leicht spürbaren operativen Hektik gehört wohl auch die in einer GFK-Kommunikation dargestellte Begründung zum Sachgeschäft «Nachtragkredit Erhöhung Globalbudget der kantonalen Steuerveranlagung» an der Ratssitzung vom kommenden Mittwoch (28.8.24). So gelangen die letzten drei ehemaligen Finanz-Regierungsräte via Mail an die GFK und Fraktionspräsidien, da sie sich verwehren, diesen «Schwarzen Peter» verursacht zu haben, da sie mit Ihren Rückständen immer im anvisierten Zielkorridor um 20% natürliche Personen sowie 30% juristische Personen lagen. Bemerkenswert die Aussagen, dass «dieses Problem erst seit 2021 bestehe und nicht früher, wie jetzt suggeriert werde».
Dass ehemalige Finanzdirektoren die heutige Regierung, respektive den heutigen Finanzdirektor indirekt den Aussagen im Kommissionsbericht des Präsidenten mit eigenen Kommentaren widersprechen ist bemerkenswert. Indirekt liest man, dass das Problem hausgemacht sei, da «die Stimmung nach der vom alten Finanzdirektor vorgeschlagen und vom Neuen nicht bewilligten drei Stellen umgeschlagen sei und die Fluktuationsrate sprunghaft auf 20% angestiegen sei. Dass wir jetzt drei Jahre später, statt drei Stellen neu 28.8 Stellen (gemäss GFK -Vorschlag entgegen den 44.3 Stellen der Botschaft der Regierung) diskutieren werden, erhält dadurch eine spezielle Note.
Die GLP-Fraktion findet das Argument der ehemaligen Finanzdirektoren im Zielkorridor von bis zu 30% Rückständen geblieben zu sein, ein wichtiger Hinweis, aber auch nicht wirklich eine stark hervorzuhebende Leistung. Es gelang über Jahre nicht, diese doch substanziellen Rückstände abzubauen. Dieser Wille scheint jetzt vorhanden.
Als GLP fühlen wir uns verantwortlich den Kompass langfristig im Auge zu behalten und bitten die Regierung ebensolches an den Tag zu legen. Die Basis im Thurgau ist in vielen Bereichen sehr gut. Unsicherheiten und Einnahmeschwankungen gehören dazu. Erneute Ankündigungen von Steuererhöhungen vor Konsultation der Parteien gehören nicht dazu. Ob die Berichterstattung in diesem Falle das richtige und zielführende Mittel war, darüber kann der Regierungsrat an seiner nächsten Sitzung diskutieren.
Wir wollen kein Bild eines reagierenden, eher schuldzuweisenden Gesamt-Regierungsrats. Wir möchten ein agierendes und verbindendes Gremium. Auch in herausfordernden Zeiten ist Ruhe und überzeugendes Agieren gefragt, keine operative Hektik.
Eine Analyse wo Aufgaben anders, effizienter oder weniger gemacht werden soll, ist aus unserer Sicht hilfreich. Dazu bieten wir, wie auch für weitere Lösungen als innovative, lösungsorientierte Fraktion und Partei jederzeit Hand.
Für die Grünliberale Fraktion und Partei Thurgau
Reto Ammann Stefan Leuthold
Fraktions-Präsident GLP Präsident GLP Thurgau