Dienstag, 12. März 2024

Motion - Standesinitiative: Stärkung des Wahlrechts bei den Nationalratswahlen

Die GLP Fraktion - zusammen mit FDP, EVP, SP, Grüne und EDU - hat eine Motion eingereicht, um das Wahlrecht bei den Nationalratswahlen zu stärken! Ziel: Jede Stimme soll gleich gewichtet werden, unabhängig vom Wohnort. Mit dem Doppelproporz-System wollen wir sicherstellen, dass der Wählerwille besser repräsentiert wird und kleinere Parteien fairere Chancen haben. Weg mit parteiübergreifenden Listenverbindungen für mehr Transparenz und Fairness!

Im heutigen Wahlsystem beeinflusst die Grösse des Kantons bzw. die Anzahl der zu vergebenden Nationalratssitze massgeblich, welche Parteien die Bevölkerung effektiv in den Nationalrat wählen kann. Während im Kanton Zürich auch Kleinstparteien den Einzug ins Parlament schaffen können, haben in Kantonen mit nur wenigen oder nur einem Nationalratssitz nur die wenigsten Parteien reelle Wahlchancen. Wer dort eine kleinere Partei wählt, muss in Kauf nehmen, dass seine Stimme voraussichtlich keinen Einfluss auf die tatsächliche Zusammensetzung des Nationalrates haben wird. Diese Stimmen werden als nicht vertretenes Elektorat bezeichnet. Diese «verlorenen» Stimmen gilt es zu minimieren. Mit der Einführung des Doppelproporzes würden parteiübergreifende Listenverbindungen überflüssig. Das Wahlsystem wird dadurch einfacher und für den Souverän transparenter. Durch die Einführung des Doppelproporzes sowie die zeitgleiche Abschaffung der parteiübergreifenden Listenverbindungen wird das aktive und passive Wahlrecht gestärkt und die Wahl transparenter und fairer.

 

Motion «Standesinitiative: Stärkung des Wahlrechts bei den National- ratswahlen»


Der Regierungsrat wird beauftragt, gemäss Art. 160 Abs. l der Bundesverfassung folgende Thurgauer Standesinitiative einzureichen:
Der Bundesrat wird beauftragt, die Gesetzgebung über die Nationalratswahlen dahingehend zu ändern, dass das Wahlrecht des Souveräns gestärkt wird. Es ist ein Wahlsystem einzuführen, das

  •  jede Stimme unabhängig vom Wohnort gleich gewichtet (Erfolgswertgleichheit),
  • die Transparenz für den Souverän erhöht, indem es keine parteiübergreifenden Listen-Verbindungen mehr vorsieht, und im Gegenzug
  • die Parteienstärken auf nationaler Ebene proportional in Nationalratssitzen unter Beibehaltung der Kantone als Wahlkreise abbildet (Doppelproporz), allenfalls unter Hinzufügen einer Majorzbedingung.


Begründung
Aktuell ist es für Wählende nicht ohne Weiteres ersichtlich, welcher Partei die abgegebene Stimme zugutekommt und ob die Stimme überhaupt einen konkreten Einfluss auf die Zusam- mensetzung des Parlamentes haben wird. Durch die Einführung des Doppelproporzes sowie die zeitgleiche Abschaffung der parteiübergreifenden Listenverbindungen wird das aktive und pas- sive Wahlrecht gestärkt und die Wahl transparenter und fairer.


Doppelproporz bildet den Wählerwillen besser ab
Im heutigen Wahlsystem beeinflusst die Grosse des Kantons bzw. die Anzahl der zu vergeben- den Nationalratssitze massgeblich, welche Parteien die Bevölkerung effektiv in den Nationalrat wählen kann. Während im Kanton Zürich auch Kleinstparteien den Einzug ins Parlament schaf- fen können, haben in Kantonen mit nur wenigen oder nur einem Nationalratssitz nur die we- nigsten Parteien reelle Wahlchancen. Wer dort eine kleinere Partei wählt/ muss in Kauf neh- men, dass seine Stimme voraussichtlich keinen Einfluss auf die tatsächliche Zusammensetzung des Nationalrates haben wird. Diese Stimmen werden als nicht vertretenes Elektorat bezeich- net. Diese «verlorenen» Stimmen gilt es zu minimieren.


Generell gilt: Je kleiner der Wahtkreis, desto grösser das nicht vertretene Elektorat. In seinem Urteil zum einfachen Proporz im Kanton Wallis hält das Bundesgericht fest, dass das natürliche Quorum 10% nicht übersteigen darf. Oder anders ausgedrückt: Das Bundesgericht hält 

 

Wahlkreise mit weniger als 10 Listenplätzen fürverfassungswidrig. Überträgt man das Urteil des Bundesgerichts auf die Nationalratswahlen, so ergibt sich folgendes Bild:

• 19 der 26 Kantone haben weniger als 10 Sitze.
• 72 der 200 Sitze werden in problematisch kleinen Wahlkreisen vergeben.

Dies führt bei den Nationalratswahlen zu Ausweichbewegungen, sodass Wählende nicht ihre Wunschpartei wählen, sondern eine andere Partei, der sie grössere Wahlchancen einräumen. Als Beispiel kann die Wählerstärke der EVP im Kanton Thurgau erwähnt werden, die seit Jahren bei den Nationalratswahlen nur etwa halb so viel Stimmen macht wie bei den Grossratswahlen.

 

Der auf kantonaler Ebene erprobte Doppelproporz (Aargau, Graubünden, Nidwalden, Schaff- hausen, Schwyz, Uri, Wallis, Zürich und Zug) behebt diese Schwächen elegant und sorgt für glei- ehe Wahlmöglichkeiten aller Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrem Wohnkanton. Die Erfahrung zeigt zudem, dass in den kleinen Wahlkreisen der Wählerwille weiterhin berücksich- tigt wird und die wählerstärksten Parteien vertreten bleiben. So hat jede Stimme auf nationaler Ebene das gleiche Gewicht, ohne dass die Ergebnisse vor Ort zu verzerrt werden. Dies könnte durch eine Majorzbedingung formell im Gesetz verankert werden.

 

Parteiübergreifenden Listenverbindungen werden überflüssig
Im aktuellen Wahlsystem sind kleinere Parteien gezwungen, Listenverbindungen einzugehen, um die Nachteile des bestehenden Systems zumindest teilweise auszugleichen. Mit der Einfüh- rungdes Doppelproporzes würden parteiübergreifende Listenverbindungen überflüssig. Das Wahlsystem wird dadurch einfacher und für den Souverän transparenter.

 

Fazit
Ein vielfältiges Angebot an Parteien mit realen Wahlchancen erlaubt es dem Stimmvolk, seine politischen Überzeugungen besser Ausdruck zu verleihen. Das skizzierte Wahlsystem ermöglicht den Zugang zu dieser Vielfalt für alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger unabhängig von der Grösse ihres Wohnkantons und verbessert die Transparenz für den Souverän erheblich.

 

Weinfelden, 28.04.2024

 

Erstunterzeichner:

Ueli Fisch (GLP), Stefan Leuthold (GLP), Anders Stokholm (FDP), Gabriel Macedo (FDP), Elisabeth Rickenbach (EVP), Sonja Wiesmann (SP), Sandra Reinhart (GRèNE), Iwan Wüest (EDU) und Christian Mader (EDU)

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